Viele Menschen wissen bisher nicht, dass ihnen unter bestimmten Bedingungen zusätzlicher Urlaub für Fort- und Weiterbildungen zusteht.
In diesem Beitrag berichten wir deshalb darüber, was Ihnen zusteht und wie Sie einen Antrag auf bezahlten Bildungsurlaub stellen.
Inhalt
1. Was ist Bildungsurlaub
2. Wie viele Tage Bildungsurlaub stehen mir zu?
3. Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub?
4. Wie stelle ich einen Antrag auf Bildungsurlaub?
5. Wer trägt die Kosten für den Bildungsurlaub?
6. Fazit
1. Was ist Bildungsurlaub?
Bildungsurlaub bezeichnet eine besondere Form des bezahlten Urlaubs. Bildungsurlaub wird häufig auch als „Bildungsfreistellung“ bezeichnet, um den Eindruck eines Erholungsurlaubs zu vermeiden. Zweck einer Bildungsfreistellung ist die berufliche oder politische Weiterbildung. Prinzipiell besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Bildungsurlaub, wobei es hier große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern gibt.
2. Wie viele Tage Bildungsurlaub stehen mir zu?
Wie viele Tage Bildungsurlaub Ihnen zustehen, ist davon abhängig, in welchem Bundesland Sie arbeiten. Nicht alle 16 Bundesländer haben die 1974 eingeführte Regelung des Bildungsurlaubs erlassen. So haben Bayern und Sachsen bislang als die zwei einzigen deutschen Bundesländer noch kein Bildungsurlaubsgesetz verabschiedet. Das muss nicht zwangsweise bedeuten, dass Ihnen kein Sonderurlaub für Fort- und Weiterbildungen zusteht. Ein Blick in Ihren Tarif- oder Arbeitsvertrag kann Klarheit bringen, denn auch hier kann der Anspruch auf Bildungsurlaub verankert sein. Wie viele Tage Ihnen je Bundesland zustehen, können Sie der nachfolgenden Tabelle entnehmen:
Baden-Württemberg | 5 Arbeitstage pro Kalenderjahr |
Bayern | Kein gesetzlicher Anspruch |
Berlin | 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahre |
Brandenburg | 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahre |
Bremen | 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahre |
Hamburg | 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahre |
Hessen | 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahre |
Mecklenburg-Vorpommern | 5 Arbeitstage pro Kalenderjahr |
Niedersachen | 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahre |
Nordrhein-Westfalen | 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahre |
Rheinland-Pfalz | 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahre |
Saarland | 6 Arbeitstage pro Kalenderjahr (davon 3 von der eigenen arbeitsfreien Zeit) |
Sachsen | Kein gesetzlicher Anspruch |
Sachsen-Anhalt | 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahre |
Schleswig-Holstein | 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahre |
Thüringen | 5 Arbeitstage pro Kalenderjahr |
Der gesetzliche Anspruch bezieht sich auf eine Anstellung in Vollzeit. Bei einer Teilzeitstelle reduziert sich der Anspruch auf Bildungsurlaub entsprechend der Wochenarbeitszeit.
3. Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub?
Je nach Bundesland können sich die Sonderregelungen hinsichtlich des Anspruchs auf Bildungsurlaub stark unterscheiden. Wer Anspruch auf Bildungsurlaub hat und wer eventuell (noch) nicht, können Sie in der folgenden Tabelle nachsehen:
Bundesland | Dauer Betriebszugehörigkeit | Anspruch als Auszubildender | Antragstellung |
Baden-Württemberg | 12 Monate | 5 Arbeitstage während der Ausbildung | spätestens 6 Wochen vorher |
Bayern | – | – | – |
Berlin | – | Ja | spätestens 6 Wochen vorher |
Brandenburg | 12 Monate | Ja | spätestens 6 Wochen vorher |
Bremen | – | Ja | spätestens 4 Wochen vorher |
Hamburg | – | Ja | spätestens 6 Wochen vorher |
Hessen | – | Ja, für politische Bildungsmaßnahmen | spätestens 6 Wochen vorher |
Mecklenburg-Vorpommern | – | 5 Arbeitstage während der Ausbildung für politische Bildungsmaßnahmen | spätestens 6 Wochen vorher |
Niedersachen | 6 Monate | Ja | spätestens 4 Wochen vorher |
Nordrhein-Westfalen | – | 5 Arbeitstage während der Ausbildung für politische Bildungsmaßnahmen | spätestens 6 Wochen vorher |
Rheinland-Pfalz | Azubis: 12 Monate Andere: 24 Monate | Nach 12 Monaten Betriebszugehörigkeit besteht für die gesamte Ausbildung ein Anspruch auf 3 Tage für politische Bildungsmaßnahmen | spätestens 6 Wochen vorher |
Saarland | – | Ja, ab dem 2. Ausbildungsjahr | spätestens 6 Wochen vorher |
Sachsen | – | – | – |
Sachsen-Anhalt | – | Ja | spätestens 6 Wochen vorher |
Schleswig-Holstein | – | Ja | spätestens 6 Wochen vorher |
Thüringen | – | 3 Tage pro Kalenderjahr | spätestens 8 Wochen vorher |
In einigen Bundesländern gibt es zudem Sonderregelungen. So besteht in Berlin, Hessen und Niedersachsen beispielsweise die Möglichkeit des Zusammenfassens von Ansprüchen mehrerer Jahre. In Niedersachen ist diese Möglichkeit allerdings auf maximal 3 Jahre begrenzt. In Berlin gibt es 10 Tage Bildungsurlaub pro Kalenderjahr für unter 25-Jährige und in Hessen werden 5 zusätzliche Tage bei der Fortbildung für ehrenamtliches Engagement gewährt. In Sachsen-Anhalt wird Bildungsurlaub nur für eine berufliche Weiterbildung gewährt.
4. Wie stelle ich einen Antrag auf Bildungsurlaub?
Sie konnten sich nun darüber informieren, ob und in welchem Umfang Sie Anspruch auf Bildungsurlaub haben und welche zusätzlichen Bedingungen daran geknüpft sind. Nachdem Sie Ihren Anspruch auf Bildungsurlaub geprüft haben, haben wir eine Schritt-für-Schritt Anleitung zur Beantragung des Bildungsurlaubs für Sie zusammengestellt.
1. Suchen Sie sich ein Angebot und ein Zeitfenster aus
2. Stellen Sie sicher, dass es sich bei dem ausgewählten Bildungsangebot um eine in Ihrem Bundesland anerkannte Fortbildungsmaßnahme handelt.
Kontaktieren Sie im Zweifelsfall den Weiterbildungsanbieter, um nach dessen Anerkennung für Bildungsurlaub zu fragen.
3. Informieren Sie Ihren Vorgesetzten über Ihren Wunsch nach einer Bildungsfreistellung.
4. Nach der Genehmigung durch Ihren Vorgesetzten können Sie sich für das gewählte Bildungsangebot anmelden.
5. Antrag auf Bildungsstelle bei der Antragsstelle für Urlaube in Ihrem Unternehmen einreichen.
Den Antrag erhalten Sie i.d.R. von Ihrem Vorgesetzten
6. Nach Erhalt der Genehmigung können Sie Ihre Weiterbildung fix einplanen und alle vorbereitenden Maßnahmen treffen.
7. Reichen Sie nach dem Bildungsurlaub die erhaltene Teilnahmebestätigung bei Ihrem Arbeitgeber ein.
Tipp: Die in den Bundesländern gültigen Antragsfristen sind als Mindestzeiträume zu verstehen. Um höhere Chancen auf eine Genehmigung zu haben, sollten Sie Ihren Bildungsurlaub frühzeitig planen und mit Ihrem Vorgesetzten besprechen.
Suchen Sie im Falle einer Ablehnung vorerst ein klärendes Gespräch. Im Streitfall steht Ihnen außerdem der Klageweg offen.
Für einige Bundeslänger stehen praktische Vorlagen für die Antragsstellung und Anerkennung als Download zur Verfügung. Eine Liste mit den entsprechenden Links finden Sie unter: Bildungsurlaub.de (http://www.bildungsurlaub.de/infos_anerkennung-von-bildungsurlaub_70.html)
5. Wer trägt die Kosten für den Bildungsurlaub?
Die Kosten einer Bildungsfreistellung tragen prinzipiell die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen selbst. Da es sich bei Bildungsurlaub um eine Form des bezahlten Urlaubs handelt, ist er allerdings für den Arbeitgeber nicht als „kostenfrei“ anzusehen. Der Arbeitgeber kann – je nach Bundesland und weiteren Voraussetzungen – zusätzlichen, bezahlten Urlaub für Fortbildungen genehmigen. Die Weiterbildung selbst allerdings hat der Arbeitnehmer zu tragen, d.h. Kursgebühren, Fahrtkosten, Unterkunft, Verpflegung usw. Diese Kosten können allerdings (teilweise) am Ende des Jahres ggf. steuerlich geltend gemacht werden.
6. Fazit
Zu wenige deutsche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wissen von ihrem Recht aus Bildungsurlaub – dabei handelt es sich um eine sehr gute Möglichkeit, sich neben dem Berufsleben weiterzubilden. Um auch die Arbeitgebenden vom Bildungsurlaub zu überzeugen, sollte darauf geachtet werden, sich in für die Arbeitsstelle relevanten Themengebieten weiterzubilden. Aufgrund des bezahlten „Extra-Urlaubs“ schrecken viele Arbeitgebenden vorerst zurück, wenn es um eine Bildungsfreistellung geht. Doch mit dem vorgestellten Hintergrundwissen und genügend Überzeugungskraft, kann solch ein Bildungsurlaub genemigt und somit Vorteile für beide Parteien mit sich ziehen.